Energiewirtschaft

Energiewirtschaft
Ener|gie|wirt|schaft 〈f. 20; unz.〉 Wirtschaftszweig, der sich mit der Erzeugung u. dem Verbrauch von Energie (Elektrizität, Gas usw.) befasst

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Ener|gie|wirt|schaft, die:
Wirtschaftszweig, der die Produktion, Verarbeitung u. Verteilung von Energie umfasst.

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Energiewirtschaft,
 
zusammenfassende Bezeichnung für die in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen erfolgenden Aktivitäten, die der Bereitstellung von Energiedienstleistungen dienen. Darunter fallen Erzeugung, Import, Umwandlung, Lagerung, Transport und Verteilung von Energie sowie die Umwandlung der Endenergie bei den Verbrauchern (Haushalte, Industrie, Verkehr) in Nutzenergie beziehungsweise Energiedienstleistungen (Wärme, mechanische Arbeit, Licht, Schall u. a.). Unter die Bereiche Erzeugung und Umwandlung von Energie fallen sowohl die Bereitstellung von Primärenergieträgern (z. B. Erdöl, Erdgas, Kohle, Kernbrennstoffe, Wasserkraft, Windkraft, Biomasse) als auch der Bereich der Umwandlung von Primärenergieträgern in Sekundärenergieträger (Treibstoffe, Heizöle, Elektrizität, Koks, Fernwärme u. a.). Die Effizienz und der Wirkungsgrad der Energieumwandlung über die gesamte Prozesskette (von der Primärenergie bis zur Energiedienstleistung) bestimmt den Aufwand an erneuerbaren und nicht erneuerbaren Primärenergieträgern pro Energiedienstleistung.
 
Die Energiewirtschaft nimmt in einer Volkswirtschaft eine Schlüsselstellung ein, da sie den übrigen Wirtschaftssektoren unverzichtbare Vorleistungen zur Verfügung stellt. Darüber hinaus ist der Energiesektor aufgrund der hohen Kapitalintensität der Energiebeschaffung und der damit verbundenen Investitionstätigkeit, aber auch wegen seiner Wirtschaftskraft v. a. in den Industriestaaten ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. So wurden z. B. in Deutschland 1993 allein im Bereich der leitungsgebundenen Energieversorgung (Elektrizität, Gas, Fernwärme) rd. 28,5 Mrd. DM investiert. Von den rd. 342 000 in diesem Bereich Beschäftigten wurden etwa 2,5 % der Wertschöpfung aller Unternehmen erwirtschaftet.
 
Strukturelle Veränderungen in der Energiewirtschaft lassen sich nur mittel- oder langfristig erzielen; da Energiedienstleistungen in der Regel mithilfe langlebiger Kapitalgüter (z. B. Förderanlagen, Raffinerien, Kraftwerke, Kraftfahrzeuge, Heizungsanlagen) erstellt werden, setzt jede Veränderung eine entsprechende Umschichtung des Anlagevermögens voraus. Aufgrund der langsamen Umstrukturierung der Energiewirtschaft vergehen meist auch lange Zeiträume, bis neue Energieträger einen maßgeblichen Beitrag zur Energieversorgung leisten können. Neben der Markteinführung sind dabei oft auch lange Zeiträume für Forschung und Entwicklung zu veranschlagen.
 
Die Nachfrage nach den Leistungen der Energiewirtschaft hängt im Wesentlichen von den folgenden Faktoren ab: der Struktur der Güterproduktion beziehungsweise des Dienstleistungsangebots in Verbindung mit der Energieintensität der Produktion, der Höhe des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte und deren Präferenzen, dem technischen Fortschritt sowie von den realen Energiepreisen. Exogene Faktoren, z. B. klimatische Bedingungen und Bevölkerungsdichte, bestimmen weniger die Wachstumsrate als vielmehr das Niveau des Energieverbrauchs. Seit Anfang der 1970er-Jahre ist eine Loslösung der Entwicklung des realen Bruttosozialprodukts von der Entwicklung des Primärenergieverbrauchs festzustellen (Entkopplung). Preisänderungen bei einzelnen Energieträgern können sowohl Substitutionsprozesse auslösen (Umsteigen auf billigere Energieträger) als auch die Tendenz zur rationellen Energienutzung verstärken.
 
Energieangebot und Energienachfrage sind seit dem Zweiten Weltkrieg kontinuierlich gewachsen. Seit den 1970er-Jahren hat beim Energieverbrauch in den Industriestaaten allerdings eine Trendwende stattgefunden, die mit deutlich niedrigeren Wachstumsraten auch in den 90er-Jahren anhält. Auch bei den Entwicklungsländern ist ein Rückgang zu beobachten, allerdings ist dieser anders als bei den Industriestaaten weniger mit Erfolgen beim Energiesparen verbunden, sondern v. a. Folge der krisenhaften Konjunktur. Die anhaltend hohe Bevölkerungsentwicklung der Entwicklungsländer wird auch künftig deren Energieverbrauch deutlich wachsen lassen. 1995 ging die Internationale Energieagentur von einem weltweiten Wachstum des Energieverbrauchs bis zum Jahre 2 010 von durchschnittlich 1,7-2,1 % pro Jahr aus. Der Anteil der OECD-Länder am Weltprimärenergieverbrauch beträgt etwa 55 %, an der Weltenergieerzeugung (einschließlich Förderung von Energieträgern) etwa 37 %; die Differenz wird im Wesentlichen durch Erdöleinfuhren aus OPEC-Staaten (Anteil an den Weltölreserven 76,5 %) gedeckt.
 
Der Anteil der einzelnen Energieträger an der Deckung des Bedarfs der OECD-Länder hat sich seit Mitte der 70er-Jahre erheblich geändert. 1971 wurden noch fast 48 % des Primärenergiebedarfs durch Erdöl gedeckt, 1990 waren es nur noch 39 %. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil des Erdgases von 18,3 % auf 21,6 %, der Kernenergie von 0,7 % auf 6,7 % und der erneuerbaren Energien von 2,2 % auf 2,8 %. Weltweit ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten, wobei Erdöl (1992: 39,2 %), Kohle (26,7 %) und Erdgas (22,0 %) die wichtigsten Energieträger bleiben. Die Abhängigkeit der einzelnen Länder von Energieimporten schwankt aufgrund der unterschiedlichen Ausstattung mit eigenen energetischen Ressourcen und der Energieverbrauchsstruktur stark; zum Teil liegen hohe Importabhängigkeiten vor. Die Gestaltung von Import- und Versorgungsstrukturen ist Aufgabe der Energiepolitik.
 
In Deutschland ist der Primärenergieverbrauch von 1987 bis 1994 um rd. 8 % gesunken. Ursache dafür war v. a. die Entwicklung in den neuen Ländern, hier ist der Energieverbrauch seit 1990 (v. a. infolge der Deindustrialisierung) um etwa 50 % zurückgegangen. Wichtigste Energieträger sind Erdöl (1994: rd. 41 %), Erdgas (18,5 %), Stein- und Braunkohle (15,1 beziehungsweise 13,3 %). Der Anteil der Kernenergie am Primärenergieverbrauch beträgt 10,2 %. Die Verbrauchsstrukturen in den neuen Ländern haben sich seit 1989 erheblich verändert. So ging der Anteil der Braunkohle von (1989) 69 % auf (1994) 45 % zurück, während der Anteil von Mineralöl von 13 % auf 36 % und der von Erdgas von 9 % auf 17 % stieg.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Braunkohle · Elektrizitätswirtschaft · Energiepolitik · Energiesparen · Energieumwandlung · Erdgas · Erdöl · Fernwärme · Kernenergie · Kraft-Wärme-Kopplung · Steinkohle
 
 
W. Horrighs: Strategien u. Prognosebedeutung in der E. (1987);
 
Kostenaspekte erneuerbarer Energiequellen, Beitr. v. G. C. Goy u. a. (1991);
 
Weltentwicklungsbericht 1995: Arbeitnehmer im weltweiten Integrationsprozess (Washington, D. C., 1995);
 G. Erdmann: Energieökonomik (21995);
 H.-W. Schiffer: Energiemarkt Bundesrepublik Dtl. (51995).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
erneuerbare Energien: Aufbruch ins solare Zeitalter
 
erneuerbare Energien: Perspektiven der Nutzung
 
Energiewirtschaft in der Zukunft
 
fossile Rohstoffe und Uran
 
Energieversorgung: Viele Wege führen zur Nutzenergie
 
Energie und wirtschaftliche Entwicklung
 
Energiewirtschaft: Konzepte und Energiequellen
 
Energieversorgung: Alte Systeme im neuen Gewand
 
Energieversorgung: Koexistenz verschiedener Energietechniken
 

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Ener|gie|wirt|schaft, die: Wirtschaftszweig, der die Produktion, Verarbeitung u. Verteilung von Energie umfasst.

Universal-Lexikon. 2012.

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